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Meine Frau, der Niffler...




Ist euch das auch schon mal passiert? Aus Versehen etwas im Einkaufswagen gehabt und weder Ihr noch der Mensch an der Kasse haben es gesehen? Als Kind die Bravo aus dem Regal gemopst, weil man sie sich nicht leisten konnte aber lesen wollte? Irgendwie die Preise auf zwei unterschiedlich teuren Produkten vertauscht? Oder ist im Tante Emma Laden mal durch Zufall der Kaugummi im Schulranzen gelandet, ohne dass es dafür finanzielle Gegenleistungen gab?


Wenn ihr alle obigen und vermutlich auch anderen Beispiele mit einem beruhigten Gewissen mit "Nein" beantworten könnt, dann rate ich Euch vom Lesen der kommenden Zeilen ab, sie könnten euch in kriminelle Untiefen ziehen, Euch zu Mitwissern und Voyeuren machen. Also seid vorsichtig und beschwert euch später nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.


Ich liebe meine Frau, wisst ihr ja inzwischen. Hab ich glaub ich das ein oder andere Mal erwähnt und natürlich liebe ich auch ihre kleinen und manchmal auch nicht so kleinen Eigenheiten oder Spleens, die sich entweder über die Zeit entwickelt haben, oder aber schon immer da waren. Manches bleibt für immer süß, anderes dagegen kann für handfeste Auseinandersetzungen sorgen. Fand meine Frau am Anfang unserer Beziehung jeden einzelnen Nieser von mir zuckersüß, könnte sie mir heute nach vollzogener Eheschließung direkt in die Fresse schlagen und das ist noch blumig formuliert.


Aber zurück zum Thema und vor allem zum Titel. Meine Frau, der Niffler. Während eingefleischte Fans schon Bilder im Kopf haben, muss ich eventuell für die schnöde Allgemeinheit ohne "Background" ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Ein Niffler ist ein erfundenes Tier, genauer gesagt, ein magisches Tierwesen aus der Feder von J. K. Rowling. Es sieht ein wenig aus wie ein kleiner süßer Maulwurf mit Entenschnabel. Und dieser Niffler liebt Schmuck und alles was glänzt. Was auch immer er sich krallen kann verschwindet in seiner Beutel, wie bei einem Känguru mit dem Unterschied, dass er (weil ja magisch) nahezu unendlich viel Platz darin hat.


Was? Wie?? Wo??? Bob, Du bezeichnest Deine Frau als Niffler? Hat sie den örtlichen Juwelier überfallen, Fort Knox ausgeraubt oder Mithril aus den Minen von Moria geplündert?


Ja, aber nein. Oder besser gesagt, so halb. Ich kann nicht mehr genau sagen, wann es angefangen hat . Mit Sicherheit war es schon immer da, ich habe es aber aus purer Verliebtheit einfach nur nicht gesehen. Es begann harmlos, in irgendeinem Restaurant. Im angeregten Gespräch verwies sie immer wieder auf die perfekte Form, Größe und Gewicht des vor ihr liegenden Löffels. Ja, ok. Ein Löffel lag da. Er war kleiner als ein normaler Esslöffel, aber etwas größer als ein Teelöffel und die Fläche war runder. So eine Art perfekter Probier-Löffel, meinte meine Angetraute. Ein Probierlöffel? Ja, halt so einen den man super nehmen kann, wenn man das Essen abschmeckt, so wie ihn die Köche im Fernsehen meist in ihrer Brusttasche stecken haben. Ahja, ok... Klar.


Es war lecker, wir fuhren nach hause und plötzlich zauberte sie eben jenes Ess-Utensil aus obigen Absatz aus ihrer Hosentasche. Ich war verwundert und konnte nichts außer einem lauten "Schaaaaaatz" aus meinem zarten Hals würgen. Sie hatte ihn mitgenommen, nein, er war natürlich ganz aus Zufall vom Tisch gefallen, auf der Sitzbank seltsam abgeprallt und in ihrer Tasche gelandet. Ja genau, so muss es gewesen sein. Naja, ok. Einmal ist keinmal und ziemlich sicher dürfte dieser Verlust für das Restaurant nicht so herb gewesen sein, dass Peter Zwegat zur Schuldnerberatung klingeln musste.


Also Schwamm drüber, ist ja süß und niedlich irgendwie, dieses kleine Löffelchen, das jetzt vollkommen einsam und alleine in einer Schublade sein Dasein fristete, optisch völlig unpassend zu allem anderen Besteck. Doch keine Sorge, wer meine Frau kennt weiß natürlich, das sie ausgesprochen Empathisch und sozial ist und diesen Zustand metallischer Vereinsamung nicht unterstützen konnte. Deswegen haben wir übrigens auch drei Hunde und nicht nur einen und ein vierter wäre ihrer Meinung nach ja irgendwie auch voll ok.


Also begab es sich vor langer Zeit in einer weit weit entfernten Galaxis, dass ich wieder mit meiner Frau in einem Fachbetrieb für Speisenzubereitung saß und meine Frau in ausgewogener Abwechslung erst mich, dann den Löffel vor ihr, wieder mich, wieder den Löffel....... Ach egal, es ging jedenfalls eine ganze Weile so. Vermutlich hat sie mich mit einer Art ehefrauischen Voodoo belegt oder einen Hexspruch verwendet. Ene mene Röffel, mein Mann klaut jetzt nen Löffel. Hex Hex. Und als sei es Zauberei, verschwand das Suppenzubehör vom Tisch und tauchte erst Stunden später auf der heimischen Küchenanrichte wieder auf.


So, nun war es soweit. Ich... Bob. Ein Mittäter. Ein Schwerstkrimineller. Ich dachte bereits darüber nach, mir eine Träne unter das Auge tätowieren zu lassen, damit ich im Gefängnis optisch sofort dazu gehöre aber auch diesmal ereilte uns kein Besuch der CIA, auch das FBI hatte scheinbar gerade Wichtigeres zu tun. Nun war also der erste Löffel nicht mehr alleine, was ein Glück, aber zwei sahen irgendwie nicht weniger traurig aus und wie auch immer es geschah, inzwischen hat sie eine ziemliche Kompanie an silbernen Probier-Rekruten. So viele, dass dafür sogar eine eigene Box her musste. Ich kann wirklich nur hoffen, dass die stets guten Trinkgelder der Vergangenheit diesen gastronomischen Verlust ausgleichen können.


Tja, im Grunde wäre die Geschichte jetzt zu Ende und wir würden alle schockiert zu Bett gehen, aber wir leben ja aktuell und auch schon seit geraumer Zeit in den USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, oder vielleicht noch etwas besser gesagt, im Land der "ichbestellevielzuvieldamitichdenrestmitnachhausenehmenkann" Menschen. Entsprechend gehört die Frage "do we need some boxes?!?" der Bedienung so ziemlich zum Standard, egal ob im Billig-Diner oder im Nobelschuppen. Bejaht man dies, bekommt man also eine Menge an Papp-Tupper hingestellt und packt sich dann nach Lust und Laune alles ab, was man eben so mit nach Hause nehmen möchte. Oder aber im Falle meiner Frau, gleich den ganzen Teller, das Saucentöpfchen oder worauf auch immer der gemampfte serviert wurde. Hat ja im Grunde keiner gesagt, dass man das nicht darf.


Also gesellten sich noch diverse andere kleinere oder größere Teile zu der Niffler-Sammlung hinzu. Haben ist immer besser als brauchen, soviel steht fest. Inzwischen aber hat meine Frau eine Lässigkeit erreicht, die vermutlich selbst für Inspektor Clouseu zu viel wäre. Da saßen wir also neulich in einem wirklich edlen Restaurant, gedämpftes Licht, Separee, leckeres Fondue wurde serviert. Meine Frau sah toll aus mit ihren wallenden, offenen Haaren. Was mir nicht auffiel war, das eben jene Haare etwa ab der Mitte des Abends plötzlich hochgesteckt waren. Aber na gut, dafür gibt es ja diverse Hilsmittel wie Klammern oder Haargummis.


Voll, glücklich und müde stiegen wir in unser Auto, meine Frau am Steuer. Sie fuhr die ersten paar Meter und stellte fest, dass nun aber die hochgesteckten Haare störten, woraufhin sie die vermeintliche Klammer entfernte. Ihr kennt doch die asiatischen Frauen, die manchmal Ess-Stäbchen im Haar haben. Wusstet Ihr, dass das auch mit Fonduegabeln total gut geht? Stören halt lediglich dann beim Autofahren, wenn sich das Metall gegen die Kopfstütze drückt.


In diesem Moment hatte ich dieses Bild im Kopf, wie meine Frau mit den Beinen nach oben so lange ausgeschüttelt wird, bis auch das letzte Silberstück aus ihren Taschen oder Haaren gefallen ist. Eben genau so wie sich Newt Scamander mit dem Niffler plagt. Zumal zu den anfangs so tollen Löffeln auch noch Gabeln hinzukamen... Oh Mann.


Jetzt müssten wir eigentlich passend dazu nur noch einen Jaguar fahren, denn "Jag-Fahrer" dürfen das ;)


Müsste ich mal den Löffel abgeben, wären das ziemlich viele... Könnte dauern.


Euer Bob!


P.S. Ich liebe Dich, "Niffi"


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