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Social Distancing -oder- meine Frau hat genug...



Es ist ein schöner warmer Tag. 32 Grad, die Sonne scheint, das Rauschen des Meeres untermalt meine Bemühungen, diese Zeilen zu schreiben. Ihr ahnt es, ich bin nicht zuhause. Nein, ich befinde mich im Urlaub mit meiner Familie, am Strand von Mexiko. Nur wenige Stunden mit dem Auto und man ist hier.


Der Trip war schon lange geplant, es ist bereits das vierte Mal für uns in dieser Gegend, man kennt sich etwas aus, weiß, was einen erwartet. Einige Tage Entspannung sollen es sein, wie man das eben so macht mit Sonne, Strand und Meer. Wie dringend notwendig dieser Urlaub jedoch wirklich werden würde, konnten weder meine Frau noch ich selbst ahnen.


Ehrlich gesagt weiß ich schon langsam nicht mehr ob es an uns liegt, ob die Corona Zeit vieles bewirkt hat oder ob die Welt irgendwie immer schlechter und die Menschen immer eigenartiger werden.


Jeden Tag wird einem aufs Neue mit dem Vorschlaghammer bewusst gemacht, dass man sich auf nahezu niemanden mehr verlassen und noch weniger trauen kann. Nicht einmal der eigenen "Verwandtschaft". Kein Verständnis, keine Unterstützung, kein Interesse, kein Nichts. Eine Erfahrung, die ich erst vor einigen Monaten machen musste. Aber bei meiner Frau? Noch schlimmer. Lug und Trug. Vorgegaukelte Zuneigung und gebrochene Versprechen, garniert mit bösen Worten und negativen Gefühlen. So macht "Familie" Spaß. Aber das ist vermutlich der Stoff für eine eigene Geschichte, eventuell.


Doch mit sogenannten Freunden ist es im Grunde genauso schlimm wenn nicht sogar schlimmer. Wem vertraut man, wem erzählt man überhaupt noch etwas, wen lässt man etwas näher an die eigene Seele heran als den Rest der Menschen. Wo ist die Grenze zwischen einem Freund und einem Bekannten?


Versteht mich nicht falsch, da draußen gibt es ohne jeden Zweifel sehr gute Menschen, die für einen da sind, wenn es darauf ankommt. Die mit einem lachen, weinen, streiten und einfach alles teilen.


Und es gibt Menschen, von denen man dachte, es wäre so. Aber man muss feststellen, wie sehr man sich mitunter täuschen kann. Genau diese Erfahrung musste meine Liebste nun machen, als sie mit einer Person eine Reise unternommen hat, von der wir dachten, es würde das pure Vergnügen werden. Doch das Gegenteil war der Fall.


Diese "Freundin" wollte meiner Frau San Francisco zeigen, ihr San Francisco. Denn sie hatte viel Zeit in ihrem Leben dort verbracht und kümmerte sich um die gesamte Buchung und Organisation von A bis Z. Voller Vorfreude brachte ich also meine Frau zum Flughafen und der Mädels-Trip begann.

Doch schon am ersten von insgesamt 4 Tagen schlich sich ein seltsames Gefühl ein. Diese Freundin war plötzlich verändert. Sie hetzte von einem Ort zum Anderen, nahm keine Rücksicht auf nichts, führte keine einzige Unterhaltung mit meiner Frau. Anstelle dessen ergriff sie jede sich bietende Gelegenheit, um sich mit wildfremden Menschen auszutauschen und meine Holde links liegen zu lassen.


Untergebracht hatte sie sich und meine Frau im quirligen China-Town, den dort kannte sie sich am besten aus. Leider stellte sich heraus, dass sich dieser Stadtteil über die Jahre stark verändert hatte. Läden hatten zu, es war wenig los, Restaurants schlossen bereits früh abends. Frustration machte sich breit. Nicht etwa bei meiner Frau... Bei der Freundin aufgrund eben genau dieser Tatsache. Doch helfen ließ sie sich nicht. Vorschläge wurden abgeblockt. Und so musste man sich Stunden um Stunden die Zeit totschlagen, es wurden unzählige Kilometer gelaufen, die eigentlich mit den Cable-Cars hätten gefahren werden sollen und auch sonst klappte wenig. Schon im Vorfeld hatte sie sich nichts abnehmen lassen, bestand darauf, alles zu planen. Und selbst im Angesicht der hoffnungslosen Planlosigkeit ließ sie meine Frau nicht helfen.


Meine Frau tat ihr bestes, um konstruktive Vorschläge zu machen aber wie bereits erwähnt, prallten diese gegen eine Wand aus Ignoranz und Verbohrtheit. Ganz im Gegenteil befand sich der Trip in einer Spirale der Plan- und Ideenlosigkeit und gipfelte darin, dass sich die Freundin abfällig über meine Frau mit einer Hotelangestellten an der Rezeption unterhielt. Darauf angesprochen fühlte sie sich ertappt und regierte patzig. Hab ich jetzt tatsächlich regierte, anstelle reagierte geschrieben? Das kommt vermutlich von der Tatsache, dass sie genau das tat. Anstelle gemeinschaftlicher Entscheidungen regierte sie den Trip. Es kam zu einem handfesten Streit, der natürlich der Situation geschuldet war. Mit dem Ergebnis, dass die Organisatorin der Reise meine Frau mit Sack und Pack auf der Straße vor dem Hotel stehen ließ und sich davon machte.


Seither ist Funkstille, was an sich nicht weiter verwundert. Warum sich aber ein Mensch derart verändert präsentiert und so wenig Interesse an allem zeigt, ist schon etwas verwunderlich. Und so relativiert sich der Begriff der Freundin und man muss ihn ersetzen durch eine Person, die man eben kennt und vermutlich nicht mehr wiedersehen wird. Einmal mehr getäuscht, einmal mehr enttäuscht. Das Erlebnis reiht sich nahtlos ein in eine Serie von menschlichen Abgründen, die man mal mehr und mal weniger deutlich zu spüren bekommt. In diesem Fall dann etwas mehr.


Insofern hat uns Covid und Social Distancing nicht nur gezeigt, dass man auf diese Weise körperlich gesund bleiben kann, sondern vielleicht auch manchmal die seelische Nähe zu Menschen krank machen kann. Für meine Frau ist dieser unser Urlaub also mehr als nur ein wenig Strand und Meer. Es ist die Auszeit von menschlichen Enttäuschungen, die wesentlich stärker an einem Nagen als jeder Biber an einem Stück Holz.


Jetzt kann man natürlich auch sagen, Schwamm drüber... Oder einer dieser tollen Durchhaltesprüche wie "Hinfallen, Aufstehen, Krone richten, weitergehen". Wenn es mal so einfach wäre. Zunächst einmal musste ich meiner Frau mal eben nebenbei einen neuen Flug buchen, sie war ja immer noch alleine in einer fremden Stadt und von der ganzen Situation überrascht wie emotional überfordert. Als ich sie dann am Abend vom Flughafen abholte kam mir eine Frau entgegen, die ihr Gesicht tief in der Kapuze des Hoodies verbarg und mir schlimm weinend in die Arme fiel.


Seither bekommt ihr kein Essen mehr wirklich, ständig hat sie Bauchschmerzen, Unwohlsein, schläft nicht gut und träumt seltsame Dinge. Auf dem Kindergeburtstag unseres Sohnes in einem großen Unterhaltungszentrum fühlte sie sich von der ersten bis zur letzten Sekunde einfach nur schrecklich. Alles war laut, viel und überfordernd. Darüber hinaus ist sie seither dauerhaft nur noch müde. Es wirkt fast so, als wäre quasi jede Energie aus ihr entwichen.


Die Seele baumeln zu lassen ist jetzt im Moment also nicht nur ein guter Vorsatz, sondern Pflichtprogramm, denn ansonsten ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Erlebnis Krater anstelle Kratzer hinterlässt.


Unsere treuen Vierbeiner helfen ihr dabei, neue Kraft zu tanken.


In diesem Sinne...

Passt auf euch und eure Liebsten auf, auch auf das was um euch herum passiert.


P.S.

Sie ist die Liebe meines Lebens und für mich gibt es kaum etwas schlimmeres, als sie enttäuscht und verletzt zu sehen.

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© 2020 by Bob

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