
Es ist Samstag Morgen, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Idylle pur quasi. Aber ich sitze hier und zerbreche mir den Kopf. Wie war das noch damals, als ich ein Kind war? Wie empfand ich meine Eltern beim Autofahren? Ok ich gebe zu, aufgrund meines fortgeschrittenen Lebensalters muss ich da ziemlich weit zurück denken, könnte also noch etwas dauern.
Aber nein, mal im Ernst. Wie war das so? Meine Mutter war eher ängstlich, fuhr langsam, hasste parken in jeder Form und im Radio dudelte Bayern 1 mit dem Besten von gestern, damals und noch davor. Autos waren für sie eher Fortbewegungsmittel und größentechnisch durfte es ruhig etwas kleiner sein, damit man vor dem Bäcker nicht groß beim Parken nachdenken musste und einfach irgendwie schräg stehen bleiben konnte.
Ihr Einsatzradius beschränkte sich auf mein Heimatdorf und die Dörfer darum im wunderbar platten südlichen Augsburger Landkreis, wo man meinte, in Friesland zu sein, so weit konnte man schauen. Alles über 15 Kilometer hinaus glich schon einer Erdumrundung und wurde eher vermieden.
Mein Vater dagegen hatte schon immer einen Faible für schöne Fahrzeuge, bereits als junger Kerl. Seine große Begeisterung galt den Autos mit einem Stern auf der Haube und so war er eher der Typ groß, luxuriös und mit ordentlich PS. Autos, für die die Straßen schon damals eigentlich zu klein in Deutschland waren und die Parkplätze sowieso. Im Vergleich zu meiner Mutter war mein Vater aber ein recht souveräner Lenker, stets bewaffnet mit Sonnenbrille und bei heruntergelassenen Scheiben schallten die Kastelruther Spatzen aus den Boxen. Ich gebe zu, dieser Umstand ließ den "Coolness-Faktor" um einiges dahinschmelzen.
Wie wird mein Sohn einmal von mir denken oder gar schreiben? Ich selber denke, ich bin ein ganz passabler Fahrer, aber das denkt vermutlich nahezu jeder von sich. Jedoch bemerke ich, dass die Geschwindigkeit mit der ich durch die Landschaft sause, weniger ein Sausen, sondern eher ein gemächliches dahinrollen ist und von Nachtfahrten war ich früher mehr Freund, als ich es heute bin. Ich mag schöne Autos, betrachte inzwischen aber auch so etwas wie einen praktischen Nutzen. Ja, es ist amtlich, ich werde definitiv alt. Ich kann nur noch versuchen durch lässiges Auftreten mit Sonnenbrille und geschmeidiger Musik ein bisschen zu kompensieren.
Und dann hätten wir da noch meinen Schatz. Aus der Großstadt stammend hat sie ihren Führerschein erst recht spät gemacht und dann quasi über Nacht den Rückstand direkt aufgeholt, den sie hatte. Meine Frau ist eine Person, die man im Grunde in alles setzen kann, was fährt. Aber am liebsten ist es schnell und hat ausreichend Kraft. Sie fährt gerne zügig, ohne zu rasen, liebt es nachts unterwegs zu sein und hat die USA in einem Mietwagen von Nord nach Süd durchquert. Man packt sie einfach in einen Wagen, sagt ihr in welche Richtung sie wie lange fahren soll und los geht's. Und wann sie anhalten soll, sonst kommt sie am Ende noch auf einem anderen Kontinent an. Kurz, sie liebt Autofahren.
Wird man von meiner Frau abgeholt, hört man sie eigentlich eher, als man sie sehen kann. Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist vermutlich der doch recht ordentliche Motor ihres persönlichen Raketen-Gefährtes und der Andere die gerne dazu genommene lautere Musik. Garniert mit Tattoos auf den Armen, offenen Haaren und einer dicken Sonnenbrille muss ich leider feststellen, dass ich hier in Sachen Auftritt ziemlich den Kürzeren ziehe. Werde ich also meinen Sohn in, sagen wir mal, 20 Jahren fragen wer der coolere Autofahrer von seinen Eltern war, wird er vermutlich die Augen verdrehen und mich wortlos stehen lassen, weil alleine die Frage schon eine Beleidung seiner Mama ist.
Witzig war auch immer das Detail, dass meine Frau sich erst dann an einem Ort auskannte, als wir im Grunde schon den nächsten Umzug planten. Doch hier, in der Wüste von Arizona, ist das irgendwie anders. Das Navi im Auto ist für sie eher ein netter aber meist unnützer Umgebungsanzeiger geworden. Während ich ihr einen Ort umständlich zu erklären versuche, antwortet sie dann eher routiniert gelangweilt: "Ja klar, kenn ich. Ist an der Ecke blablabla und blublublub".
Zu aller Lässigkeit hat sie auch noch das Talent entwickelt, ihr geringfügig untermotorisiertes Schlachtschiff (meist einhändig) selbst in engste Parklücken zu lenken und dabei, und das ist das ist das Gemeine für mich, auch noch kerzengerade zu stehen. Egal wie eng und unmöglich der Winkel auch zu sein scheint. Klar, jetzt könnte man sagen, wir wohnen ja in den USA und hier sind die Straßen größer und die Parkplätze sowieso. Ja ok, sind sie auch. Das will ich nicht abstreiten. Nur sind im Vergleich auch die Fahrzeuge entsprechend größer und so passiert es gerne mal, dass man in eine Lücke steuert bei der man links und rechts von Trucks flankiert wird, die in Deutschland gut und gerne als LKw`s mittlerer Größe durchgehen würden.
Was bleibt mir also noch anderes übrig als mein Haupt in Demut zu senken und mich vor Scham in der nächsten dunklen Ecke zu verkriechen. Wenn ihr mich sucht, ich sitze unter der Treppe und warte darauf, das mich ein Brief aus Hogwarts erreicht. Vielleicht kann ich ja zaubern und weiß es noch nicht.
In diesem Sinne und wie Elvis schon sagte: Das Leben ist zu kurz, um langweilige Autos zu fahren ;)
Euer Bob
P.S. Ja ok, ich gebe es erneut zu. Ich liebe diese Frau und bin auch ziemlich stolz auf sie!
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