
Wie sang schon einst die berühmte Band "America": I've been trough the desert on a horse with no name... Was für ein grandioses Setting für Männer-Fantasien. Wir, die einsamen, die lonesome Ranger... Als Mann reitest du auf deinem Pferd durch die Wüste. Woher du kommst? Egal. Wohin es geht? Egal. Du kennst nicht einmal den Namen des Pferdes. Oh ja. Im echten Leben funktioniert das natürlich eher selten, es sei denn, Du bist ein Aussteiger, hast zu viel Geld verdient und kannst dir ein sündhaft teures Pferd leisten.
Nein, nein. Unsere modernen Pferde, das sind natürlich die Autos und eventuell auch Motorräder. Hier kommt es eher auf die Pferde unter der Haube an und die sind ja inzwischen dank immer besserer Motoren zahlreich vorhanden. Man will ja im Fahrzeug-Penis-Vergleich nicht den Kürzeren ziehen. Gut ok, ginge es danach, würde es für mich auch ein sehr einfaches Auto mit sehr wenig PS tun, ich muss da nichts kompensieren. Nur PS haben ist natürlich immer besser als PS brauchen.
Ich bin mit einem Autoverrückten Vater aufgewachsen. Große, starke Fahrzeuge, vorzugsweise mit einem Stern auf der Motorhaube, begleiteten mich durch meine Kindheit. Ehrlicherweise habe ich das sehr genossen und ein wenig eigene Verrücktheit entwickelt. Nur lässt sich das in aller Regel selten mit der holden Weiblichkeit vereinbaren, die häufig weder Lust noch erweiterte Kenntnisse der Materie besitzen. Da ist ein Auto eben ein Auto. Hauptsache die Farbe ist toll und es sieht süß aus. Süß und Auto, das passt natürlich für einen Mann überhaut nicht zusammen. Brachial muss es sein, schnell und im besten Fall eigentlich im normalen Straßenverkehr sinnlos, weil vollkommen übertrieben. Dann ist man als Mann glücklich.
Nachdem meine damals noch nicht Frau zu mir zog und wir ziemlich auf dem Land lebten (ok, Kaff trifft es eher), musste zu meinem tollem Mercedes ein zweiter Wagen her. Meine Zukünftige legte hier ein erstaunliches Fachwissen an den Tag und macht schnell klar, dass sie sich wohl nicht unbedingt mit einem putzigen kleinen Smart mangels akzeptabler Beschleunigungswerte und Spaßfaktor zufrieden geben würde. Entsprechend wurde also ein brandneuer Polo GTI mit annähernd 200 Pferdchen geordert. Was zunächst ein gemeinsamer Wagen war, entpuppte sich schnell als möglicher Scheidungsgrund, denn meine Frau liebt dieses Ding. Also ehrlich. Sie liebt ihn. Manchmal weiß ich nicht so recht ob mehr als mich. Als nach 18 Jahren dann der Mercedes langsam zum Altenteil musste legte ich mir eher ein praktisches Auto zu und kaufte einen Dacia. Günstig, zuverlässig und ziemlich langweilig. Umso mehr schweißte das meine Frau mit ihrem kleinen Wolfsburger zusammen.
Unnötig zu erwähnen, dass der Wagen auch den Weg in die Vereinigten Staaten gefunden hat, wo sie bisher erfolgreich und unter Umgehung unangenehmer Polizeikontrollen die Straßen unsicher machen kann. Mangels Ersatzteilen musste mein Dacia jedoch in Deutschland bleiben. Ist ja kein Problem, man ist ja in den USA, dem Land der günstigen Autos. Also besorgte ich mir einen super praktischen Kombi von einem Arbeitskollegen. Nicht mehr so der Jüngste (wie ich), sogar mit Automatik und diversen Features. Gut ok, die Klima ging erst nicht, es leuchten diverse Warnlampen, die Türe ließ sich nicht mehr öffnen. Aber man ist ja genügsam und lässt sich brav von der Ehefrau auslachen. Klar, sie düst ja in ihrem Sportwagen durch die kurvige Landschaft.
Egal. Denn wir erhielten das tolle Angebot einer Freundin, ihren Roller / Scooter zu übernehmen, den sie durch den Umzug nach Deutschland nicht mehr braucht. Tolles Teil, beige, 125cc Hubraum und fast 60 Meilen pro Stunde schnell. Gut, so wirklich genau weiß ich jetzt nicht, wie sich das Ding fährt. Außer einer kurzen Überführungsfahrt und einem schnellen Besuch bei McDonalds wurde auch dieses (unseres) Gefährt ziemlich zügig von meiner Angetrauten in Beschlag genommen. Wohlgemerkt haben wir eigentlich beide keinen Motorradführerschein. Der kam uns quasi eher zugeflogen. Praktisch natürlich auch, dass es der Staat Arizona nicht so genau mit der Helmpflicht nimmt. Eine Sonnenbrille bietet immerhin ausreichend Coolness und Schutz. Macht ja nichts, mir bleibt ja noch mein Uralt-Gebrauchter mit den vielen Warnlampen.
Letzten Freitag war ich dann besonders mutig und besuchte mit meiner Familie ein Autohaus, um eventuell ein weiteres Gefährt im Neuzustand und mit vernünftiger Ausstattung zu erwerben, was hier als aus Deutschland stammender Neu-Ami gar nicht so einfach ist. Lange Rede und viele Telefonate später rollten wir tatsächlich mit einem brandneuen, perfekt ausgestatteten Hyundai Santa Fe mit ordentlich Wumms unter der Haube wieder vom Hof. Bereits nach wenigen gefahrenen Meilen bemerkte meine Gattin, dass ihr auch dieser Wagen ausgesprochen gut gefiele und sie es sich sehr sehr gut vorstellen könne, damit herum zu fahren. Ich habe es befürchtet.
Da bin ich also, der lonesome Ranger auf seinem Pferd ohne Namen mit den vielen blinkenden Warnleuchten und fahre das, was meine Frau gerade mal nicht fahren will. Dumm nur, dass sie sich immer nicht entscheiden kann, was am nächsten Tag anliegt. Kurven jagen mit dem GTI, entspannt den Scooter um den See fahren, oder mit dem SUV erhaben über alle Bumper zu gleiten. Naja, zumindest hat sie mir angedeutet, es wäre in Ordnung, die Tage mal den GTI zu nehmen. Um ihn zu waschen.
Und so stehen jetzt Paul, Hilde, Sam und Betty vor und in unserer Garage. Jawohl, unsere Fahrzeuge haben Namen. NAMEN. Ihr könnt Euch also vorstellen, wie innig dann die Beziehung wohl sein dürfte...
Und ja, ich liebe meine autovernarrte Driving-Bitch...
Euer Bob!
Comments